Mar De Grises - Streams Inwards
Releasedate: 30. August 2010
Genre: Melodic Death/Doom Metal mit einem kleinen Progressive/Post-Rock Einschlag
Tracklist:
1. Starmaker
2. Shining Human Skin
3. The Bell And The Solar Gust
4. Spectral Ocean
5. Sensing the New Orbit
6. Catatonic North
7. Knotted Delirium
8. A Sea Of Dead Comets
[9. Aphelion Aura (Bonus Track)]
Mar De Grises sind eine Band aus Chile, was man am Sound schon mal absolut nicht erkennen kann. Der Sound lässt sich nur schwer beschreiben. Geht es bei einigen Songs noch sehr traditionell doomig mit einem leichten Swallow The Sun Einschlag zu, kommen nur Sekunden später post-rockige Ausflüge ála Long Distance Calling. Deswegen, auch wenn ich sowas nur ungern mache, hab ich beschlossen, diesmal wieder alle Songs einzeln unter die Lupe zu nehmen.
"Starmaker" ist der erste Song am Album und nach den ersten Klängen könnte man tatsächlich glauben, man hört hier Swallow The Sun. Zumindest bis die Growls einsetzen, denn die sind schon ein wenig anders. Der Song baut mehr und mehr Stimmung auf, bis er dann gegen Ende hin so richtig interessant wird. Der Sound schlägt plötzlich total um und wir bewegen uns in eine progressivere Klanglandschaft, die ich sehr gerne mit Anathema vergleiche. Zumindest die letzten knapp 2 Minuten des Songs erinnern mich stark an "A Simple Mistake" von Anathema, was auf keinen Fall negativ zu werten ist.
Im zweiten Song, "Shining Human Skin", geht's ähnlich wie im ersten Song los, nur dass der Song anfangs deutlich ruhigere Phasen vorzuweisen hat, inklusive Flüstergesang und der völligen Abwesenheit von E-Gitarren. Auch einiges an cleanem Gesang ist hier zu erwarten, musikalisch bewegt man sich auch hier ständig zwischen Doom Metal und Progressive Rock.
"The Bell And The Solar Gust" hat anfangs weitaus mehr Speed zu bieten als alle anderen Tracks des Albums, der Track verbindet Keyboardmelodien und Geschwindigkeit von Dark Tranquillity mit der Melancholie von Swallow the Sun und den melodiösen Gitarrenklängen von Insomnium. Was will man da dann eigentlich noch mehr?
"Spectral Ocean" ist ein ganz interessanter Track. Hier wird viel mit Elementen aus Ambient und elektronischer Musik gearbeitet, um eine Atmosphäre aufzubauen. Und es funktioniert, der Song fügt sich als perfektes Zwischenstück zwischen "The Bell And The Solar Gust" und "Sensing The New Orbit" ein, ohne dass man auch nur daran denkt, auf die Skip-Taste zu drücken. Wäre doch schade, wenn man die ganze Atmosphäre, die bereits aufgebaut ist, mit nur einem Knopfdruck zerstört.
Der nächste Track ist, wie schon erwähnt, "Sensing the New Orbit". Abgesehen von den paar Doublebassanfällen sowie dem Growlgesang könnte man den Song problemlos als progressiven Post-Rock Song einordnen. Die von den Vorgängern aufgebaute Atmosphäre wird geschickt aufrecht erhalten, wo zu einem nicht geringen Teil der starke Keyboard-Sound schuld ist.
"Catatonic North" wiederum beginnt völlig anderes. Nur von Piano-Melodie eingeleitet setzt irgendwann der Gesang ein und man kann diesmal sogar sehr große Parallelen zu Anathema ziehen, der Song könnte, von dem bisschen Growlgesang mal abgesehen, problemlos auf einem der letzten Anathema-Alben stehen und es würde vermutlich nicht mal großartig auffallen. Obwohl die Band mit "Streams Inwards" erst ihr drittes Album veröffentlicht hat, kann sie sogesehen schon mit den ganz großen mithalten!
In "Knotted Delirium" geht's wieder etwas mehr ambient zu, oder nennen wir es lieber düster. Dunkle Riffs treffen auf eher hohen Growlgesang, Flüstern und eine, wie immer sehr atmosphärische, Keyboard-Untermalung. Eines muss man ihnen lassen: Sie wissen, wie man atmosphärische Tracks schreibt! Speziell gegen Ende hin wird's nochmal interessant, die Gitarrenriffs erinnern mich hier zunehmends wieder mal an Anathema, nur dass alles noch - surprise surprise! - weitaus atmosphärischer klingt.
Mit "A Sea of Dead Comets" bricht dann auch schon der letzte reguläre Track des Albums an, der am Schluss dem ganzen noch die Krone aufsetzt. Langsame Riffs der Marke "My Dying Bride" trifft auf Growlgesang, Keyboard-Melodien, die einen etwas an Dark Tranquillity mit halber Geschwindigkeit erinnern. Der Song erinnert mich teilweise überhaupt etwas an "Iridium" von Dark Tranquillitys neuestem Album "We Are The Void", nur - guess what - wieder mal viel mehr Atmosphäre, was auch gut so ist, wäre auch traurig, wenn eine normale Melodeath Band mehr Atmosphäre hätte, als eine aufsteigende Doom/Post-Rock Formation.
Alles in allem lässt sich das Album also fast aus eine Mischung aus den Doom-Elementen Swallow the Suns, den progressiven Einflüssen von Anathema, den Keyboardmelodien von Dark Tranquillity (nur etwas langsamer) sowie einem Post-Rock Einschlag ála Long Distance Calling beschreiben. Da das dritte Album einer Band ja immer als das richtungsweisende gesehen wird, fällt mir dazu nur ein: Jungs, ihr habt es geschafft! Wer so ein Album produziert, kann locker eines Tages die Spitze der Szene anführen, in der sie ohnehin schon etwas länger bekannt sind. Es ist jetzt nur noch fraglich, ob sich die Doom Metal und die Post-Rock Szene vereinbaren lassen. Man braucht auf jeden Fall einiges an Geduld für dieses Album und sollte sich nicht von komplexeren Songstrukturen als der traditionellen Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Struktur abschrecken lassen, denn wenn man in dieses Album mal reingefunden hat, will man gar nicht mehr raus.
Bewertung: 94 von 100 Punkten
So, und wenn ich zwischendurch mal Zeit und Motivation hab, kommt vielleicht auch vor Ende des Monats mal was Neues, versprechen kann ich's allerdings nicht.
Murli